Sonntag, 31. Juli 2016

Teil 2 - Einfach kann jeder?

Nach Teil 1 - Harmlos kann jeder - jetzt Teil 2


Sei mutig - Denk selbst!
Die Piratenpartei hat einige große interne Baustellen, die eigentlich jedem bekannt sind. Daher picke ich nur mal die für mich wichtigsten heraus, die mich letztlich dazu animieren, eine Kandidatur überhaupt in Erwägung zu ziehen. Ich möchte jenen Piraten, die seit langer Zeit leise aber kontinuierlich arbeiten, endlich die Chancen zu geben, ihre Arbeit einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren.

(Ich reiße die Punkte nur kurz an, es würde sonst ein abendfüllender Beitrag werden. Die meisten Punkte sind zudem schon seit Jahren bekannt)

Punkt 1 - Die Strukturen -
Weswegen mir das Thema Öffentlichkeitsarbeit seit langen so am Herzen liegt

Ich frage mich inzwischen ernsthaft, wie oft wir noch sogenannte "Strukturreformen" benötigen? Warum nutzen wir nicht erst mal die bereits vorhandenen Mittel und Wege? Merkwürdigerweise funktionieren kontinuierlich und als einziges nur jene AGs, die sich mit der Öffentlichkeitsarbeit befassen. Zudem ist es einfach, Öffentlichkeitsarbeit zu machen, wenn man mehr als eine Handvoll Parlamentarier im Landesverband hat, die auch noch eine ordentliche Arbeit abliefern. Es sind jene Piraten vor Ort, die für eine breite Öffentlichkeit, wenn auch nur regional, sorgen, nicht eine AG Öffentlichkeitsarbeit. Auch liefern Ergebnisse nur jene Piraten, die sich in den entsprechenden AGs engagieren, was oft nicht identisch mit jenen ist, die das am Ende an die Öffentlichkeit tragen (wollen).

Ich habe seit meinem Eintritt 2012 in die Piratenpartei immer wieder erlebt, wie z.B. AGs und Barcamps etwas Wichtiges zu sagen hatten, aber nie zu Wort kommen durften. Das zieht sich bis heute hin und deswegen verwundert es mich bisweilen nicht, dass so viele Piraten aufgegeben haben, weil sie die Früchte ihrer Arbeit nicht ernten konnten. Unsere AGs sind und waren das Herzstück der Piratenpartei, der Motor, der die Wahlprogramme wachsen ließ! Die AGs sind die Struktur, die wir eigentlich nur in die Hand nehmen und endlich mal nutzen müssten! Früher hätte das nur auf Zuruft funktioniert, um Output zu bekommen. Nach der Zäsur, die die Piratenpartei in den vergangen 2 Jahren erfahren hat, wird das fürs Erste nicht mehr so schnell funktionieren. Es gibt nur wenige AGs, die immer noch funktionstüchtig sind und stetigen Output abliefern könnten. Stichwort "Manpower".

Natürlich ist ein Bundesvorstand letztlich dafür verantwortlich, was veröffentlicht wird. Nur unsere Öffentlichkeitsarbeit macht keine gute Arbeit. Wer anderes behauptet, lenkt vom Kernthema und der Aufgabe einer ÖA ab. Die ÖA ist primär auch dazu verpflichtet, Texte zu korrigieren, bzw. korrigieren zu lassen, wenn Inhalte, bzw. Aussagen, unverständlich sind. Die ÖA muss am Ende zu veröffentlichende Texte auf ihre Plausibilität hin prüfen, nicht nur Korrektur lesen und raushauen. Die ÖA wäre der Dreh- und Angelpunkt, eine vernünftige Außenkommunikation zu gewährleisten, nicht um die Aussagen der Piratenpartei selbst zu produzieren.

Am Ende muss man diese Strukturen einfach nur mal nutzen. Lasst jene zu Wort kommen, die die Inhalte machen und schon haben wir die Thematik "Themen statt Köpfe" selbst zum ersten Mal angewendet. So einfach ist es.

Es gibt ein Schaubild, das in wenigen Worten das zeigt, wie unsere ÖA strukturell arbeiten muss, damit wir arbeitsfähig werden. Nutzt das der BuVo endlich mal, kann man ganz viele Dinge sogar delegieren. Gebt doch endlich jenen die Verantwortung in die Hände, die am Ende auch die Anträge an den Parteitag stellen! Bauen wir darauf auf, stellen Schnittstellen zur Verfügung, an die sich jede AG andocken kann um mitzuarbeiten. Damit sollte sich das Netzwerk wieder recht schnell und einfach vergrößern können. Es ließe sich an alle zukünftigen Aufgaben anpassen und alle, hoffentlich noch viele neue, Fraktionen haben dann zumindest schon einmal eine funktionierende Arbeitsbasis, an die sie sich selbst unproblematisch andocken können. Die AGs koordinieren sich selbst, alles Weitere kommt von ganz allein. Die Vorstände müssten eigentlich nur mal Vorbild sein und damit anfangen, das zu nutzen. Nicht nur ausschließlich die Basis hat Regularien und Strukturen zu beachten.




(Die vollständige Idee zum Bild findet ihr da: https://wutze.piratenpad.de/59 )

Punkt 2 - Finanzen - Und ab hier wird es dann wieder etwas politisch.

Pakki schrieb die Tage auch etwas dazu und ich musste ein wenig schmunzeln. Ich umschreibe seine Idee mit den Finanzen mal mit meinen Worten: "Die Piratenpartei könnte Full-Service-Internet-Provider werden und könnte Merchandising betreiben."

Merchandising - also das mit dem Verkauf von Lizenzen, um Kopien von $Dingen herstellen zu können. Weil uns also nichts besseres als herkömlich einfällt, nutzen wir das, wogegen wir eigentlich auf die Straße gehen und was wir als "zu verändern" im Wahlprogramm stehen haben. Nuja, kann man so machen. Dann kann man aber die Glaubwürdigkeit gleich mit verkaufen.

Und wer sollte das mit dem "Full-Service-Provider" machen? Also, ich sehe unsere Admins an ihren Last- und Leistungsgrenzen arbeiten. Wie die nun auch noch Hochverfügbarkeit sicherstellen sollen, erschließt sich mir nicht.

Was wir als Piratenpartei aber machen können, ist tief aus unserem Wahlprogramm Ideen schöpfen. Was wäre beispielsweise mit dieser Idee?

Wir könnten z.B. den Datenschutz auf einfache aber geniale Weise neu aufrollen und für eine breite Masse sichtbar machen, ohne die Definition darum gleich neu stricken zu müssen. Vielleicht mithilfe einer "Datenschutzkennzeichnung", die analog zur Energieverbrauchskennzeichnung entwickelt wird? https://de.wikipedia.org/wiki/Energieverbrauchskennzeichnung

Beispiel:
"Grün" würde demnach bedeuten - Besonders Datenschutzsicher -
"Gelb" würde bedeuten - Datenschutz mit Einschränkungen -
"Rot" würde bedeuten - Du gibst alles auf -
So der Grundgedanke dazu und das Beispielbild.


Das würde jeder verstehen. Ob wir die Idee selbst verwerten/aufbauen oder an einen geeigneten Interessenten verkaufen, das sei alles dahingestellt. Denn an diesem "Datenschutz" würde nicht nur Piratenpartei daran stehen, wir wären sogar drin. Und das verständlich für alle. Einzig die Definition des Labels selbst, den Umgang damit, wie kann man das Zertifikat erhalten usw., müsste von unseren Datenschützern, Anwälten den Netzspezialisten etc.pp. erarbeitet werden.

Auch hier ist die vollständige Beschreibung der Idee da zu finden https://wutze.piratenpad.de/171

Punkt 3 ist dann eher der Natur "Schuster bleib bei deinen Leisten".

Auch wenn die Piratenpartei einstmals angetreten ist, diese ominöse Digitale Revolution in Gang zu setzen, ist bisher noch nicht viel davon zu sehen. Ich spreche unser Versprechen der liquiden Teilhabe an. Ich glaube daran, dass das möglich sein wird. Aber Glaube allein genügt nicht, da müssen schon Fakten sprechen. Und diese Problematik Datenschutz ist aus meiner Sicht da eher ein Hindernis. Denn Abstimmungen, zudem namentlich, sind keine gute Sache. Das sollte zumindest als Ergebnis aus dem Putschversuch in der Türkei übrig geblieben sein. Wir müssen es schaffen, auch die Skeptiker von Online-Abstimmungen mit ins Boot zu holen. Also das mit dem "gemeinsam handeln".

Fazit: Dem BEO oder LQFB stehe ich skeptisch gegenüber. Ich bin hier aber, wie schon immer, bereit zu lernen und auch über den eigenen Schatten zu springen. Ich leite daraus sogar zusätzlich ab, dass wir innerparteilich die Thematik Datenschutz noch einmal neu durchdenken müssen. Das ist einer der Schwerpunkte, die ich setzen würde, um unsere Glaubwürdigkeit in der Gesellschaft wieder herstellen zu können.

Was aus meiner Sicht aber machbar wäre, ist ein "Dezentraler Parteitag", wenn auch anders als viele vermuten. Eine ausführliche Beschreibung, die auch die aktuellen technischen Gegebenheiten nicht ignoriert, liegt schon länger vor. https://wutze.piratenpad.de/61


Alles in allem würde ich nicht auftreten als der "fliegende Postbote", der als Bundesvorsitzender an jeder noch so (un)wichtig erscheinenden Location auftauchen muss. Bundesvorstände sollten ursprünglich ja die "unpolitische" Verwaltung der Piraten sein. Dass sich das nicht durchsetzen konnte, war meiner Meinung nach unumgänglich. Als Bundesvorstandsmitglied kann man aber Akzente setzen. Und es gäbe viele Vertreter dieser Piratenpartei, insbesondere jene aus den diversen AGs, die zu aktuellen Themen ganz sicher viel besser sind als ich es je sein könnte. Ich wäre bereit, viel zu lernen, insbesondere was konkrete Thematiken betrifft, die in der Außendarstellung eine wesentliche Rolle spielen. Ich nenne das "Argumentative Schützenhilfe", denn leider lässt es sich nun mal nicht vermeiden, dass ein Mitglied des Bundesvorstands zu allem Möglichen gefragt wird und es blöd aussieht, wenn man keine Antwort dazu hat.

Die letzte Frage betrifft dann sowohl unseren erneuten Einzug ins AGH, als auch in die Landesparlamente. Gleich vorweg, ich sehe da heute schwarz, wenn ich ganz ehrlich bin. Es tut mir leid, das genau so sehen zu müssen. Denn auch die fetteste und beste Kampagne wird uns dabei nicht helfen können. Denn ich stelle mir die Frage - Weswegen sollen Piraten gewählt werden? -
Das Thema "Datenschutz", so als Kernthema der Piratenpartei, ist eher ein diffuses, so gar nicht zu (be)greifendes Ding für eine breite Masse der Wähler. Denn wie oft hört man (immer noch!) "Ich habe doch nichts zu verbergen". Meine Standard-Antwort lautet da seit einiger Zeit - "Da tust du mir aber leid". Das, was ich als großes Problem nämlich sehe, ist der eigene Umgang mit diesem Thema. Auf der einen Seite geht nichts über den Datenschutz, auf der anderen Seite spielt gefühlt die Hälfte der Mitglieder zum Beispiel PokemonGo. Der Spruch: "Ich habe ja nichts zu verbergen" wird damit ja buchstäblich unterstützt. Allein aus dieser gedanklichen Diskrepanz, ist obige Idee mit dem Datenschutzlabel entstanden, Transparenz inklusive.

Wie ihr merkt, ich bleibe immer wieder am Thema Datenschutz hängen. Das ist und bleibt, neben der Forderung nach Transparenz, Bürgernähe und Teilhabe, eines unserer größten Zugpferde. Einzig, wir müssen es schaffen, die vielen Gordischen Knoten aufzulösen. Wenn wir das schaffen, wären wir einen wesentlichen Schritt nach vorn gekommen. Denn dann könnten wir nicht nur über den Datenschutz erzählen, wir könnten ihn sogar vorleben. Das mit der Ehrlichkeit, auch sich selbst gegenüber.

Ein kleiner Nachtrag noch auf solche Aussagen hin wie: "Die Piratenpartei ist ein heillos zerstrittener Haufen". Sind wir das wirklich? Ich weiß nicht, wie es in den anderen Parteien aussieht, jedoch würde ich vermuten, da geht es ganz ähnlich zur Sache. Warum also sollen wir unseren "Streit" nicht mal in etwas Positives verwandeln und einfach sagen: "Wer Transparenz fordert, darf sich nicht zu schade sein, wenn Streitereien öffentlich werden. Das gehört zum Geschäft, denn wir sind nicht anders als andere."? Ihr merkt, auch hier ist das mit der Kommunikation und wie nutze ich meine Schwächen, ein Merkmal unserer nicht funktionierenden Öffentlichkeitsarbeit. Denn würde sie funktionieren, würde man kreativ über Lösungen nachdenken. Aus diesem Grund wäre die Auflösung der AG-ÖA meine oberste Priorität und würde sofort nach der Wahl stattfinden. Es gibt mehr fähige Leute in der Piratenpartei, die das tun können, als den meisten von euch bewusst sein dürfte.

PS. Das da halte ich für eine hervorragende Arbeit und Vorbild in Sachen Transparenz https://juliareda.eu/2016/07/2-jahre-lobbytransparenz/ und genau so ähnlich stelle ich mir die Arbeit der Piratenpartei vor. All das, was man erzählt, sollte man auch vorleben, mit allen Konsequenzen.

Freitag, 22. Juli 2016

Harmlos kann jeder!

Ich wurde vor einem Jahr schon mal gefragt und habe NEIN gesagt. Nicht, weil es mir an Ideen mangelt oder an Eloquenz. Auch nicht, weil ich vielen, viel zu häufig, die Fehler um die Ohren gehauen habe. Erst recht nicht, um selbst keine Fehler zu machen und dies öffentlich zugeben zu müssen. Es ist schlicht mein privates Bedürfnis nach Datenschutz, welches mich bisher immer von allen öffentlichen Ämtern ferngehalten hat. Es gibt kein Bild von mir im Internet und auch mein realer Name gibt nicht wirklich viel her. Ich möchte nach wie vor eigentlich kein Amt inne haben. Um das aufzugeben, für viel Verpflichtung und viel zu wenig gestalterische Möglichkeiten, gehört mehr als nur Mut. Es wäre schlicht purer Idealismus, der mich dazu bringen würde, tatsächlich als 1. Vorsitzender zu kandidieren!

Jetzt stehe ich als Vorschlag im Wiki. Danke für das Vertrauen.

Wenn ich den Gedanken mal zu Ende spiele und mich auf eine Kandidatur einließe, was würde mich qualifizieren als erster Vorsitzender einer Piratenpartei? Was würde ich mitnehmen, um der Piratenpartei das wiederzugeben, was sie einstmals gewesen ist?

Für die meisten ist das sicher nichts Neues, wenn ich sage: Der Geist der 2009er bis 2012er Jahre ist abhanden gekommen. Der Geist, als Anti-Atom-Piraten und Nuklearia noch gleichberechtigt in der Partei arbeiten durften. Als Waffenlobbyisten und Pazifisten noch miteinander sprach... ähm stritten. Die vielen, teils konträren Ideen, sind in den vergangenen Jahren von Dogmatikern mit einer "Ich habe Recht" -Mentalität übernommen worden. Andere Meinungen oder gar Gedanken werden oft gar nicht mehr zugelassen, ja teils mit dem Knüppel regelrecht erschlagen.

Man kann Sekor gar nicht dankbar genug sein, der Piratenpartei nach dem aBPT in Halle so viel Ruhe zurückgegeben zu haben. Und auch allen anderen seither dem Bundesvorstand angehörenden Mitgliedern gehört ein ordentliches Stück Respekt entgegengebracht, für die teils schwierige Arbeiten, die sie leisten mussten. Jedoch kann Sekors Weg, so wie bisher, nicht weiter gehen. Die Piratenpartei muss endlich wieder angriffslustig werden und damit zu ihrem früheren Naturell zurückfinden. Wir können uns in dieser Zeit nicht einfach zurücklehnen und darauf warten, eingeladen zu werden, um unsere Vorstellungen einer lebenswerten Zukunft einem breiten Publikum zu präsentieren. Und schwurbelnde Politiker haben wir heute schon genug in Regierungen und Landesparlamenten, da brauchen wir auch keine Vorsitzenden aus NRW oder Berlin beispielsweise. Ehrlichkeit sieht in meinen Augen anders aus. Zur Ehrlichkeit gehören auch glaubhafte Emotionen. Denn schließlich geht es darum, gewählt zu werden, Politik zu machen, die Welt ein klein wenig (oder mehr) zu verändern. Mit hohlen Phrasen wird man da eher weniger erreichen.

So hat es unser Bundesvorstand meiner Meinung nach schlicht versäumt, eine klare Absage dem sogenannten Twitter-Speicher zu erteilen. Man kann nicht auf der einen Seite gegen die massenhafte Datenspeicherung sein und auf der anderen Seite das Speichern von Daten zulassen, auch wenn sie öffentlich zugänglich sind. Das ist nach wie vor einer der fatalen Widersprüche, in die sich die Piratenpartei verwickelt hat. Ebenso hätte man sich schon lange von den meisten der Berliner Piraten im AGH öffentlich distanzieren müssen. Bis heute weiß eigentlich kein Wähler so recht, ob der Kurs von Höfighoff und Co. Teil der Piratenpartei ist oder nicht?! Meine Kampagne wäre eine Klartext-Kampagne. Wir verstecken uns alle viel zu oft hinter schönen Worten, nur um bei dem Gegenüber die Phase der Wohlfühlpolitik nicht zu verletzen. Dabei verletzen Bundesregierung und Landesparlamente viel zu oft Gesetze, weswegen Gerichte nötig sind, sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen!

Natürlich ist die Politik von heute "ein krankes System", das schleunigst vom Kopf auf die Füße gestellt gehört. Aber es ist nicht notwendigerweise sinnvoll, das anderen Parlamentariern stetig unter die Nase zu reiben, mit denen man später am runden Tisch vielleicht den ein oder anderen Kompromiss aushandeln möchte. Die Piraten-Fraktion NRW hat es beispielhaft vorgemacht, wie man verbrannte Erde hinterlässt. Denn sie ist es, die bis heute meist nur vorgeführt wird und kein Bein auf den Boden bekommt. Wirkliche Ursachensuche sieht anders aus, statt nur den Fraktionsvorsitzenden zu wechseln.

Ein oft benutzter Spruch von mir ist: "Wer fragt, der führt!". Ein oft benutzter Slogan der Piratenpartei war: "Wir sind die mit den Fragen!". Seit geraumer Zeit ist davon nicht mehr viel zu spüren. Die Piratenpartei ist zu einer Partei der "Forderungen" mutiert. Setze ich die Aussage "krankes System" in einen Kontext mit "wir fordern", fällt mir spätestens ab hier auf, dass es sich beißt, wenn man von einem kranken System etwas fordern will. Wie kann ich von einem System etwas fordern, wenn ich ja ach so genau weiß, dass es krank ist? Diese Sinnhaftigkeit erschließt sich mir bis heute nicht.

Sinnbefreit ist es auch, aus der Piratenpartei ein Aktionsbündnis machen zu wollen. Wozu soll das gut sein? Eine Demo hier, eine da. "Die Piratenpartei ist gegen ... ". Ich liebe das Spiel mit Worten. Wir als Piratenpartei spielen leider schon lange nicht mehr damit, wir vergewaltigen die Sprache bisweilen aufs Äußerste. Wer immer nur "gegen etwas" ist, für was ist er denn dann? Was also macht eine Partei wie die Piraten aus, die zwar genau wissen "wogegen sie sind", aber nicht formulieren können "was sie erreichen wollen"? Wir haben ein umfangreiches Parteiprogramm, das eigentlich lesenswert ist. Lese ich es und bringe es mit dem Verhalten von heute in einen Kontext, überkommt mich immer wieder und wieder das Gefühl, vor einem riesigen Flickenteppich zu stehen. Hier wird ein Fehler gefixt, da ein Bug behoben, dort wird etwas geradegebügelt. Die sogenannte "rote Linie", der rote Faden, ist im Dickicht der vielen Forderungen verloren gegangen.

Kreativ sein bedeutet auch, unorthodox zu denken und zu handeln. So, wie die Regierung unsere Gesetze bis hin zum Grundgesetz auf das Äußerste verbiegt (ich erinnere an Supergrundrechte oder Geheimverhandlungen im Namen der Wähler, die von nichts wissen dürfen), so sollten auch wir als Piratenpartei unser Programm nicht als ein in Stein gemeißeltes Kunstwerk betrachten.

Die Welt verändert sich viel zu schnell, als dass wir zukünftig unser teils großartiges Programm nicht auch interpretieren dürften. Wir müssen raus aus unseren starren Denkmustern. Nichts ist so geduldig wie das Papier, auf dem Programme geschrieben werden. Ich bemühe an der Stelle mal eine Metapher. "Wir müssen mehr Topfschlagen im Minenfeld wagen. Die Chance, eine zu treffen, ist in der heutigen Zeit ziemlich groß." Schaffen wir es, den Finger öfter tief in die Wunden dieser Gesellschaft zu legen, wird es auch gelingen, uns Gehör zu verschaffen.

Ich nehme diesen Kandidatenvorschlag erst einmal an, wohlwissend, dass ich alles andere als unumstritten bin. Ich nehme den Vorschlag aber auch deshalb an, weil ich immer wieder - überall und immer in meinem Leben - bewiesen habe, Dinge, die ich mir in den Kopf gesetzt habe, auch zu können. Fingerspitzengefühl (da, wo es nötig ist), klare und unmissverständliche Worte (da, wo sie angebracht) sind, Zurückhaltung (dann, wenn ich selbst nichts zum Thema zu sagen habe). Kreatives Denken, ungewöhnliche Wege und insbesondere nicht vorhersehbare. Ich bin nicht nachtragend, ich vergesse aber auch nicht. Und ich verbiege mich nicht, niemals. Das habe ich noch nie getan, warum sollte ich heute damit anfangen?

Mit der vorläufigen Annahme des Vorschlags verspreche ich euch etwas: Ich möchte, dass wir gemeinsam diese Welt verändern. Den Weg in den Bundestag oder diverse Landesparlamente, den wollen andere beschreiten, ich auf keinen Fall, niemals. Ich hege keine entsprechenden Ambitionen! Ich möchte die Politk kreativ stören (mit der Partei), nicht mit ihr spielen, wie es die Fraktion beispielsweise tun muss.

Harmlos kann jeder!

Dieser Text erst mal ein Einleitung, als Begründung, warum ich tatsächlich darüber nachdenke. Fragt, wenn ihr Fragen habt.

http://wiki.piratenpartei.de/Benutzer_Diskussion:Wutze/Klartext